Marienstrasse 10
Zahlreiche Einrichtungen für Kinder bzw. Senioren verdankt die Stadt dem Wollwarenfabrikanten Ernst Arnold (1841-1893). Ernst Arnold gehörte zu den erfolgreichsten Greizer Textilunternehmern und zeichnete sich durch sein großes soziales Engagement aus. Gemeinsam mit seiner Ehefrau, Lina Arnold (1849-1928) gründete er eine Stiftung und förderte den Bau etlicher sozialer Einrichtungen.
So geht beispielsweise die erste Kinderkrippe in Greiz auf seine Stiftung zurück. 1893 erwarb Ernst Arnold in der Marienstraße das Gottfried-Wagner´sche Haus mit dazugehörigem Garten und bestimmte davon einen Teil zur Aufnahme einer Krippe, den anderen für den Verein „Knabenhort“. Im Zuge des benachbarten Schulneubaus 1910 wurde auch die ehemalige Kinderaufbewahrungsanstalt nach Plänen von Max Mayer neu errichtet. Die Arnold-Stiftung unterstützte das Neubauprojekt finanziell.
1910 konnten Kinderkrippe und Schule eingeweiht werden. Deutlich erkennt man, dass beide Bauwerke vom selben Architekten stammen. Materialien, Farbgebung, sogar diverse Details korrespondieren. Wie bei der Schule ist der Sockel des Krippengebäudes mit Naturstein verkleidet, der übrige Baukörper trägt den charakteristischen Kammputz. Beide Gebäude werden durch gleichartige stiltypische Halterungen für Blumenkästen geschmückt. Speziell zur Thematik der Kinderkrippe wurden unterschiedliche, farbenfrohe Fensterbilder mit figürlichen Motiven angefertigt. Sie verleihen dem Treppenhaus eine belebende Atmosphäre.
...Auszug aus dem Buch "Jugendstil in Greiz - Ein Kleinod an der Europäischen Jugendstilstraße"
Marienstrasse 12
Aufgrund des starken Einwohnerzuwachses in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts legte der Stadtrat ein umfangreiches Schulbauprogramm auf. Neue und bessere Schulbauten waren dringend erforderlich. Fünf große Schulgebäude entstanden in den Jahren 1873 bis 1910. Meistens wurden öffentliche Bauten wie Schulen auch nach 1900 wie eh und je geschmückt, da die öffentliche Baukunst nicht auf „legitimierende“ historische Stilrückgriffe verzichten wollte. Das Programm begann 1873 mit dem großen Knabenschulgebäude auf dem alten Friedhofsgelände (Dr.-Scheube-Straße 4), 1884 wurde das große Mädchenschulgebäude (Heinrich-Fritz-Straße 19) übergeben. Darauf folgten 1894 die Mädchenbezirksschule und 1898 die Knabenbezirksschule (Pohlitzer Straße 1+3). Als letzter großer Schulneubau vor dem Ersten Weltkrieg wurde „die in der Inneneinrichtung und der äußeren Ausgestaltung als musterhafte und weithin anerkannte Volksschule in der Marienstraße“ errichtet. So resümierte 1929 der Greizer Stadtbaurat Hugo Hüfner.
Die Schule an der Marienstraße zählt zu den fortschrittlichsten ihrer Zeit und gehört heute zu den markantesten Gebäuden der Marienstraße. Den Entwurf lieferte der in Schul- und Kirchenbau erfahrene Plauener Architekt Max Mayer. Er war Verfechter der Ideale Licht, Luft und Sonne und somit der Lebensreform – für eine Schule nicht unwesentlich.
Am 2. September 1908 erfolgte die Grundsteinlegung. Wegen des sumpfigen Baugrundes wurde der Baukomplex auf Eichenpfähle gestellt. Das Gebäude ist vom sachlichen Jugendstil geprägt. Nur sparsam angewandte Gestaltungselemente lockern die mächtige Wandfläche auf. Aus der Fassade heraustretende Erker, Festons und grün-weiße Fensterläden heben die ehemalige Direktorats-Ebene im ersten Obergeschoss hervor. Unter den mächtigen Dächern und hinter der relativ schlichten Putzfassade verbirgt sich eine ungeahnte Ausstattung. Im Rahmen der Sanierungsarbeiten zwischen 2004-2007 wurde die historische wandfeste Innenausstattung größtenteils bewahrt. Noch heute setzen 2 Brunnen, Deckenmalerei und dekorative Keramik künstlerische Akzente im Inneren.
...Auszug aus dem Buch "Jugendstil in Greiz - Ein Kleinod an der Europäischen Jugendstilstraße"