Puschkinplatz 12,12a
Das erste Warenhaus in Greiz gehörte Julius Tietz, einem jüdischen Geschäftsmann aus Nürnberg. Er gründete es unter dem Namen seines Bruders Heinrich Tietz. Julius und Heinrich Tietz waren Brüder von Hermann Tietz, der als Geld- und Namensgeber der Hertie-Warenhäuser bekannt ist.
Für den Neubau des Kaufhauses erwarb Julius Tietz das Weber‘sche Haus am Ernst-Arnold-Platz dem heutigen Puschkinplatz. Erst durch den Abbruch kleinerer Gebäude wurde die Errichtung des Warenhauses möglich. Das in Stein und Eisenbeton ausgeführte Bauwerk war wohl das erste in dieser Technik in Greiz, wodurch großflächige Schaufensterverglasungen und der Bau von Lichthöfen umgesetzt werden konnten. 1896 wurde das neue Kaufhaus eröffnet.
Zunehmende Verkehrsprobleme in der boomenden Stadt veranlassten den Gemeinderat 1908 zum Ankauf und Abbrechen des benachbarten Hotels „Zum Löwen“, um eine Verbindung zwischen dem Marienplatz (heute von-Westernhagen-Platz) und der neu entstandenen Straße „An der Gräßlitz“ (heute Thomasstraße) zu schaffen. Somit lag ein fast 45 m langer, unansehnlicher Anbaugiebel am Kaufhaus frei. Aus Angst vor einem zu attraktiven Tietz´schen Kaufhaus bestanden bei vielen Gemeindevertretern und Greizer Gewerbetreibenden schon vor den 1910 umgesetzten Baumaßnahmen am stadtbildstörenden Giebel diverse Vorbehalte. Im Hinblick auf die künftige Nutzung der „Restflächen“ des ehemaligen Löwengrundstücks schrieben sie bereits im März 1907 an den Gemeinderat der Residenzstadt: „Wie ein Palast aus Glas würde sich das Warenhaus [Heinrich Tietz] inmitten unserer Stadt an der anerkannten vorzüglichen Geschäftslage erheben, und allen geschäftlichen Verkehr an sich reißen.“
Ein Bebauungsplan, der im Januar 1910 durch die Fürstliche Aufsichtsbehörde genehmigt wurde, bildete schließlich die Grundlage für die Überbauung des ehemaligen Löwengrundstücks. Daraufhin erwarb der Kaufmann Eduard Lippmann, der nach dem Tod von Heinrich Tietz 1910 das neue Kaufhaus übernommen hatte, auf seiner Kaufhausseite einen Streifen von 105 m2.
Am 23.06.1910 begannen die Arbeiten. Der unschöne Anbaugiebel wurde zu einer modernen Schaufassade umgebaut. Bereits im September konnte Lippmann sein neu gestaltetes Haus eröffnen. Wegen fehlender Aktenlage ist nicht überliefert, welcher Architekt mit dem Bauvorhaben beauftragt wurde. Die praktischen Bedürfnisse des Geschäftshauses forderten die weitestgehende Öffnung der Mauerfläche. Durch die großflächige Verglasung und den Treppengiebel an der Nordseite bekam das Gebäude ein großstädtisches Aussehen. Geschickt verband der Architekt historistische Dekorelemente und Jugendstil. Sie erzählen uns noch heute von der Geschichte des Hauses.
...Auszug aus dem Buch "Jugendstil in Greiz - Ein Kleinod an der Europäischen Jugendstilstraße"