Cloßstrasse
Über die sogenannte Himmelsleiter, einen kleinen romantischen Treppenaufstieg gelangt man den Pohlitzberg aufwärts zur Cloßstraße. In der 1896 neu entstandenen Straße hat der Architekt Carl August Dassler zwischen 1900 und 1913 zahlreiche Baugrundstücke veräußert und für finanzkräftige Bauherren qualitätsvolle Mietsvillen errichtet. Diese repräsentieren einen neuen Haustyp, der den neuen Wohnvorstellungen der jungen bürgerlichen Generation entsprach. Die Mietsvilla zeichnet sich durch geringen Abstand zum Nachbargebäude, üppige Wohnfläche, Loggien und großzügigen Verglasungen an asymmetrischen Fassaden aus. Die öffentliche Schauseite ist zur Straße orientiert, das Private dagegen zur Gartenseite.
Der von ihm entworfene Klinkerbau in der Cloßstraße 9 folgt noch dem Stil des Historismus. Im weiteren Verlauf der Straße rücken immer mehr zeitgenössische Kombinationen aus unterschiedlichen Putzstrukturen, Klinkern, Natursteinen, Holz und plastischen Baugliedern in den Blick. Die Baukörper gliederte er raffiniert durch Risalite, turmartige Anbauten oder mehrgeschossige Erker und ließ asymmetrische, prägnante Gebäude entstehen. An der nach Südwesten ausgerichteten Straßenfront haben verschiedenartige Balkone und Erker ihren Platz und verbessern die Blickführung nach Außen wie auch den Lichteinfall nach innen erheblich.
Weitere Elemente des Jugendstils findet man bei den künstlerischen Reliefs. Geheimnisvoll wirkende Masken oder auch Motive aus Flora und Fauna ornamentieren die Putzfassaden. Cloßstraße 10 wartet mit symbolträchtigen Drachen auf – ein deutlicher Bezug zur asiatischen Kunst. Drachen gelten in China als Glückssymbol.
Als Besonderheit der Cloßstraße 12 ist die ehemalige industrielle Produktionsstätte zu nennen. Max Hetzheim, Bauherr und jüngster Sohn des Fleischermeisters Albin Louis Hetzheim, gründete 1902 eine „Mechanische Weberei“ und ließ 1907 die Stickerei in der Cloßstraße errichten. Seine Initialen sind deutlich an der südlichen Giebelseite des Industriebaus zu erkennen. Der Architekt Dassler verstand es, hier Funktionalität und repräsentative Wirkung zu vereinen. Durch seine Sachlichkeit entsprach das Bauwerk den Anforderungen der Industrie. Heute hat die Weberei ihre ursprüngliche Bestimmung verloren und wurde zu Wohnungen umgewandelt. Dennoch ist das Gebäudeensemble mit Wohnhaus und Fabrikationsgebäude ein schönes Beispiel für die erfolgreiche Verbindung von Bau- und Wirtschaftsgeschichte in Greiz.
...Auszug aus dem Buch "Jugendstil in Greiz - Ein Kleinod an der Europäischen Jugendstilstraße"