Burgstrasse 8
Ein beliebtes Greizer Fotomotiv ist das Fassadenmosaik des Leipziger Kunst- und Glasmalers Wilhelm Mewes in der Burgstraße. Von den Farben des Mosaiks geht eine große Leuchtkraft aus. Der auffällige Wandschmuck lässt den Bezug zum Handwerk des Bauherrn eindeutig erkennen und verweist auf dessen lange Tradition.
Juwelier und Goldschmiedemeister Paul Schaller ließ das Gebäude 1909 von seinem Schwiegervater, dem Baumeister Ernst Steiner, entwerfen. Die Bauausführung übernahm das Hoch- und Tiefbaugeschäft Gustav Richter aus Plauen. Allerdings wurde sein Grundstück zu Gunsten einer breiteren Burgstraße fast halbiert.
Als krönender Abschluss sitzt auf einem kleinen Türmchen eine Wetterfahne. Üblicherweise würde man einen Hahn oder andere beliebte Motive vermuten. Es handelt sich aber hier um einen Löffel, Symbol für den Beruf des Bauherrn und Ausdruck von Reichtum. Mit dem Türmchen wurde der ausdrucksstarken Burgstraße 5 ein entsprechendes Pendant gegenübergestellt.
Auch die dritte nach Süden orientierte Gebäudeseite entlang der Thomasstraße weist einen überdachten Balkon auf. Sicht- und Wetterschutz bietet die Verglasung mit stilisierten zeitgenössischen Blattornamenten. Zusätzliche dekorative Effekte entfalten die quadratischen Metallelemente mit Nieten in der Balkonbrüstung. Durch Erker und aufsitzende Balkone ergeben sich vielfältige Ausblicke von innen und immer neue, unterschiedliche Eindrücke von außen.
Als Inspirationsquelle für die Fenster könnte Steiners Besuch auf der Pariser Weltausstellung 1900 gedient haben, bei der der Jugendstil erstmals in seiner ganzen Vielfalt zu sehen war. Schließlich wurde dort Louis Comfort Tiffany (1848-1933) für sein Favrile-Glas (irisierendes, in Regenbogenfarben schillerndes Glas) mit dem Großen Preis ausgezeichnet.
Durch die Vielfalt der verwendeten Materialien konnte die Wirkung des Eckgebäudes weiter verstärkt werden. Schmiedearbeiten, Natursteine, Mosaik, Holz, Buntglasfenster und Ornamente reagieren aufeinander in einer Symphonie aus Formen, Farben, Materialien und Licht.
Dieses Bauwerk gehört zu den ausdrucksstärksten Jugendstilgebäuden in Greiz und steht unter Denkmalschutz. Die gesamte Fassade wurde liebevoll restauriert.
...Auszug aus dem Buch "Jugendstil in Greiz - Ein Kleinod an der Europäischen Jugendstilstraße"