Marktstrasse 4/ Thomasstrasse 9
Nach der Brandkatastrophe 1902 übernahmen die Gebrüder Randel die Brandstelle vom Vorbesitzer, dem Kaufmann Max Foerster. Sie führten in Greiz ein Baugeschäft und schufen vermutlich das aufwendig gestaltete Wohn- und Geschäftshaus. Zumindest gehen einige erhalten gebliebene Detailzeichnungen, die im Allgemeinen vor Ort durch die Handwerker angefertigt wurden, auf die Gebrüder Randel zurück und weisen auf das Jahr 1904 hin. Noch viele Jahre nach der Erbauung war das Gebäude in deren Besitz.
Die Fassade präsentiert sich mit einem jugendstiltypischen Doppelgiebel zur Marktstraße. Ein mehrgeschossiger Erker betont die Gebäudemitte. Dieser schließt mit einem kleinen Ziergiebel ab und ist dem großen geschweiften Zwerchgiebel unsymmetrisch vorgelagert. Beide Giebel sind mit floralen Jugendstilornamenten ausgefüllt. Vom Hauptgiebel strahlt eine Sonne und vermittelt Zuversicht auf eine lichte Zukunft. Auffällig ist, dass die Dekorelemente in sich immer Symmetrien aufweisen.
Gestalterisch bildet der ausdrucksstarke Erker den Schwerpunkt dieser Schauseite. Von schwungvollen Blattmotiven und wellenförmigen Linien umrankte Frauengesichter prägen die Brüstungsfelder. Im Lächeln eines der Frauenmotive spiegelt sich Hoffnung wider. Beim anderen bewacht ein Nachtvogel mit ausgebreiteten Schwingen den Schlaf und damit den Frieden, der in diesem Haus herrschen soll.
...Auszug aus dem Buch "Jugendstil in Greiz - Ein Kleinod an der Europäischen Jugendstilstraße"
Aus den bereits erwähnten Zeichnungen der Gebrüder Randel geht hervor, dass ähnlich wie zur Marktstraße auch für die Ansicht Thomasstraße linksseitig ein hoher Zwerchgiebel geplant war, der gleichartig dekoriert sein sollte. Alte Stadtansichten lassen die markanten Giebel noch erkennen.
Wiederum historische Fotos überliefern, dass an der Fassade zur Thomasstraße ursprünglich viel mehr Stuckornamente vorhanden waren, die durch eine rasterförmige Putzgestaltung über mehrere Etagen ersetzt wurden. Erhalten geblieben ist im Wesentlichen der mit differenziertem Pflanzendekor und Blattmaskaronen geschmückte Erker. Unterhalb des Sohlbankgesimses vermischen sich florale mit faunistischen Motiven. Sie geben in ihrer speziellen Form und Gestaltung dem Objekt einen unvergleichlichen Charme. Verlorengegangen ist die Haube als oberer Abschluss.
Wesentliche Teile der einbaufesten Inneneinrichtung sind noch heute erhalten, wie zum Beispiel wunderschöne Türen mit stiltypischen Rahmen und -garnituren. Im Treppenhaus bestechen die Bodenfliesen und das Geländer. Kachelöfen verziert mit Pflanzenmotiven und Wandfliesen mit einem blau-weißen Dekorstreifen in einer Küche zeugen von der Wohnkultur dieser Zeit. Technisch interessant sind die originalen Kaufhausfenster mit Wendeflügel im ersten Obergeschoß.