Unter den Jugendstilbauten in der Greizer Altstadt ist das Doppelhaus Thomasstraße 15/ 17 und Marktstraße 14/12 sicherlich eines der interessantesten und ansehnlichsten. Arno Dassler, ein einheimischer Baumeister, gestaltete es 1903 für zwei Greizer Geschäftsleute. Einer von ihnen war Restaurateur. Bis 1949 gab es hier das Gasthaus „Zum Tunnel“. Durch den Tunnel konnte man von der Thomasstraße direkt in die Marktstraße laufen. 

Bei der schelmisch dreinblickenden Figur (Thomasstraße) unter dem linken Erker handelt es sich höchstwahrscheinlich um eine spätere Zutat, die etwa 1906 als Reklamebild für das damalige dort ansässige Zeitschriftengeschäft angebracht wurde und das ursprüngliche Dekor überdeckt. Um diese für das Haus ikonische Figur ranken sich zahlreiche Legenden. Bis heute wird die Figur „Tunnelwappen“ genannt. Zudem haben Greizer Historiker Ähnlichkeit mit dem Konterfei der von 1848 bis 1944 herausgegebenen Berliner Satirezeitung „Kladderadatsch“ festgestellt und interpretieren diese als Ausdruck der politischen Gesinnung des bürgerlichen Bauherrn bzw. des kritischen bürgerlichen Publikums. Das dem Land Österreich treu ergebene Fürstentum Reuß war immer wieder Zielscheibe der Preußen. Das Maskottchen dieser Zeitschrift sieht dem „Tunnelwappen“ ziemlich ähnlich, zeigt doch die Greizer Figur lediglich seitenverkehrt zum Original auf die Eingangstür des Geschäftes. Schließlich ist zu vermerken, dass das Element der satirischen Karikatur dem Jugendstil von Anfang an eigentümlich war, um Gesellschaftskritik zu betreiben.

Die Fassaden und Treppenhäuser wurden entsprechend dem historischen Vorbild restauriert. So entspricht die Farbgebung im Hausflur den Befunden der Erstfassung. Meist waren dessen Wände einfarbig, häufig in dunklen Rot- oder Blautönen.  Im Treppenhaus sprechen original erhaltene schmiedeeiserne Treppengeländer, Bodenfliesen und Wohnungstüren deutlich die Sprache des Jugendstils. 

...Auszug aus dem Buch "Jugendstil in Greiz - Ein Kleinod an der Europäischen Jugendstilstraße"