Burgstrasse 5
Dieses Wohn- und Geschäftshaus zählt zu den ausgereiftesten Schöpfungen der Jugendstil-Architektur in Thüringen. Der Architekt gibt weiterhin Rätsel auf. Vermutlich handelt es sich um die Handschrift eines auswärtigen Baumeisters. Im Begleittext zu einer Diareihe ( Nr. 331) des DEFA Kopierwerkes Berlin trifft der Greizer Geschichtsforscher Dr. Frank Reinhold (1953-2013) eine kühne Aussage:
Eines der charakteristischen Gebäude für den Jugendstil in Greiz ist das 1904 errichtete Haus Burgstraße 5. Es entstand nach einem Entwurf des belgischen Architekten, Kunstgewerblers, Malers und Schriftstellers Henry van de Velde (1863-1957) der von 1900 bis 1917 in Deutschland lebte und zu den Hauptmeistern des Jugendstils zählt.
Ob Henry van de Velde tatsächlich den Entwurf für dieses wunderschöne Haus geliefert hat, konnte bis jetzt noch nicht belegt werden. Wir werden dieser spannenden Frage weiter nachgehen.
Das Gebäude besticht besonders durch den Kontrast zwischen der strengen Struktur des Klinkermauerwerkes und der bewegten Bauplastik. Insbesondere das mit Pilastern gefasste Treppenhaus an der Burgstraße wurde bis zum Giebel mit stilisierten Rosen reich verziert. In der Ära des Jugendstils eroberten Pflanzenornamente – Bäume, Blätter, Blumen und Blüten – in freier schöpferischer Variation die Fassaden der Gebäude. Rosen waren prädestiniert für eine Gestaltung im Sinne des Zeitgeschmacks, vermitteln sie doch den Eindruck von Bewegung, Streben nach Licht und Luft sowie den Wunsch, sich in Freiheit und Schönheit zu entfalten. Die Rose wurde aber auch als Symbol der Verschwiegenheit verwandt, was über einem Hauseingang viele Interpretationen zuließe.
Der Treppenhausrisalit spiegelt ein großes Schmuckbedürfnis wider. Bedenkt man die Haltung der damaligen Zeit, kann von einer ursprünglich anderen Farbigkeit ausgegangen werden. Es wäre sicherlich reizvoll, die originale Farbfassung wieder herzustellen.
...Auszug aus dem Buch "Jugendstil in Greiz - Ein Kleinod an der Europäischen Jugendstilstraße"